Ich wurde zu 90 Tagessätzen a 20€ verurteilt, für einmal versuchte Nötigung und einmal Nötigung. Ab 91 Tagessätzen wäre ich vorbestraft. Die Strafe ist in meinen Augen also ein klarer Einschüchterungsversuch. Ich bin aber schon in Berufung gegangen und werde auch erneut in Berufung gehen. Zum Glück habe ich eine Rechtsschutzversicherung.
Zum Zitat: Tja was soll ich sagen, ich persönlich sehe wie sich im Moment eine sehr ähnliche Situation abbildet. Strafen gehen die LG sind teilweise absurd hoch (erst letzte Woche wurde eine Frau auf 8 Monate Haft ohne Bewährung verurteilt, für nur 3 Blockadeaktion!!), teilweise werden wir aber auch freigesprochen, bzw wird das Verfahren fallen gelassen. Das kommt leider sehr auf die Richter und ihre politische Ausrichtung an und die Urteile fallen dementsprechend willkürlich aus. Was mich auch besonders schockiert ist dass zb Schmerzgriffe von der Polizei toleriert werden.
Aber wie hat Gandhi so schön gesagt: Erst ignorieren sie dich (z.B. als die LG vor 2 Jahren Hungerstreiks gemacht hat), dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.
Eine Kommilitonin sagte mir mal, sie studiere Recht, damit sie irgendwann mal für ihr politisches Lager Richterin spielen darf. Ich war ganz baff, weil ich das erste Mal damit konfrontiert wurde, dass Richter vielleicht doch nicht so objektiv sind, wie in Filmen oft dargestellt. Ich wollte es bis vor kurzem nicht wahr haben. Danke an euch, dass ihr das so deutlich ans Licht bringt.
Wie oft muss man sich auf die Straße Kleben bis man verurteilt wird? Oder warst du nur mit Kleber in der Tasche in Bayern unterwegs?
Was sind deine grössten Sorgen in Bezug auf die Verurteilung?
Wie war’s? Wurde irgendwas gesagt, das dich besonders aufgeregt hat?
Ich mache mir besonders Sorgen dass ich dann vorbestraft bin. Das ist natürlich Teil des Risikos das ich willentlich eingehe, aber es würde mir meine Aussicht auf Jobs die ich gerne machen würde ziemlich zerschießen.
Ich hatte während und nach dem Prozess eigentlich sehr positive Gefühle. Ich habe mich selbst verteidigt (Erfahrungswerte die die LG gemacht hat zeigen dass der Ausgang eines Verfahrens ziemlich unabhängig davon ist ob man einen Anwalt hat oder sich selbst verteidigt) und habe eine Einlassung/letztes Wort vorbereitet welche ich dann vorgelesen habe. Das war mega empowering und es hat sich sehr gut angefühlt für die Sache einzustehen und sich nicht hinter einem Anwalt zu verstecken.
Was mich aufgeregt hat: Einer der Polizisten die als Zeuge geladen wurden hat ausgesagt dass der Stau den wir verursacht haben ca 400m lang war. Die Richterin hat dann aber während der Urteilsverkündung von einem kilometerlangen Stau gesprochen. Sie hat also nicht sehr gut zugehört.
Edit: Falls ihr meine Einlassung/letztes Wort lesen woll: https://docs.google.com/document/d/1cDlAPw2gQTU6wlZ6WRNMEbkEFiZ0wDn8zYq2T_Dwk5U/edit?usp=sharing
Nur als Hinweis: das mit der Vorstrafe < 90 Tagessätzen ist so eine Sache. Denn im Führungszeugnis bist du dann noch nicht vorbestraft, allerdings werden diese Verurteilungen im Bundeszentralregister dennoch aufgeführt. Wenn dann eine zweite Strafe dazu kommt, auch wenn diese auch unter 90 TS liegt, werden diese beiden Strafen im BZR aufgeführt. Weil du dir wegen möglichen Jobs Sorgen machst: die meisten öffentlichen Träger (z.B. auch Universitäten) fragen nach einem Führungszeugnis für Behörden und dort sind dann die Einträge aus dem BZR drin, d.h. du bist für diese Träger dann nicht strafenlos.
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Hast du während des Protests Gewalttaten und / oder Anfeindungen durch die Autofahrer und Ordnungskräfte erfahren?
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Wie hat das Gericht in deinem Fall § 240 II StGB konkret begründet?
Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
1: Teilweise verhält sich die Polizei ziemlich korrekt, vorallem wenn Kameras da sind. Ich hab aber auch schon selber Schmerzgriffe erfahren müssen. Von Autofahren habe ich deutlich mehr (verbale) Gewalt erfahren. Ich wurde beleidigt, bespuckt, einer hat gedroht seinen Hund auf mich loszulassen, ein anderer hat gedroht mich anzupinkeln, wieder eine andere hat mich weggeschleift. Wir wehren uns aber nie, weder physisch noch verbal.
2: Ich habe leider noch keine schriftliche Urteilsbegründung. Mündlich wurde gesagt dass die Protestform falsch ist, und dass ich einen “Kilometerlangen Stau” verursacht habe (was garnicht gestimmt hat). Eine wirkliche Begründung wurde nicht ausgesprochen. Deswegen gehe ich auch in Berufung.
Wie hoch schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein, dass, sollte sich nichts signifikant verändern durch eure Proteste, sich ein Teil der LG radikalisiert und eventuell zu militanten Mitteln greift?
Also die aller-allermeisten Mitglieder der LG schreiben sich die Gewaltfreiheit ganz groß auf die Fahne. Die LG toleriert Gewalt (physisch oder verbal) kein bisschen. Ich hab aber leider auch schon ein paar Antifa-Menschen in der LG getroffen, und ich kann mir vorstellen dass sich da manche auch radikalisieren. Dass es zur Nutzung von militanten Mitteln kommt kann ich mir aber nicht vorstellen.
Ich hab aber leider auch schon ein paar Antifa-Menschen in der LG getroffen
Leider? Was stört dich daran, wenn Antifaschist*innen in der Klimabewegung mitmachen?
Also prinzipiell habe ich nichts gegen antifaschistischen, und ich habe auch nichts dagegen dass die bei der Klimabewegung mitmachen. Ich habe etwas gegen Gewalt. Und wenn Antifaschisten bei der LG mitmachen dann rückt das die LG in ein gewisses Licht, bzw lässt die LG als extremistisch dastehen. Und das ist die LG aber halt einfach nicht. Bei der LG machen Leute aus allen Gesellschaftsschichten mit.